von Tim Leutloff und Franka Schauer, Biologielehramtsstudierende
Bei der Planung der Veranstaltung gab es eine Anfrage der AG Lucht, ob die Fachschaftsinitative (FSI) Biologie bei dieser Veranstaltung einen Workshop zum Thema “Bioethik in der Lehre” anbieten könnte. Seit einiger Zeit gab es Bestrebungen aus der FSI heraus, Bioethik verstärkt in die Lehramtsausbildung am Institut einzubinden.
Der Fokus auf bioethische Themen in der Lehramtsausbildung ist von uns gewünscht. Grund hierfür ist, dass in der Schule der Diskurs mehr der Auseinandersetzung mit verschiedenen ethischen, politischen und gesellschaftlichen Perspektiven dienen soll und nicht nur reines Vermitteln von Fakten darstellen sollte. Um diese Aufgabe zu erfüllen ist ein Fokus auf Bioethik im Studium unabdingbar. Dabei geht es um Themen wie Diversität in der Wissenschaft, Sexualität, pränatale Untersuchungen, Umweltschutz, die Grenzen der Wissenschaft etc.
Für den Workshop haben wir in der FSI erfragt, welche der Themen, die im Studium wenig Raum finden, die Studierenden besonders interessieren. Dabei wurden sowohl Lehramts- als auch Mono-Bachelor-Studierende und Masterstudierende befragt. Bioethik ist nicht nur für zukünftige Lehrkräfte relevant, sondern auch für angehende Biolog*innen, die als Sprachrohr zwischen Forschung und Gesellschaft dienen sollten. Ereignisse der letzten Jahre zeigen uns, wie groß das Misstrauen der Bevölkerung gegenüber naturwissenschaftlichen Erkenntnissen ist und werden wird.
Daher sollte der Bereich der Bioethik von Anfang an in die Lehre integriert werden, um die Studierenden adäquat auf diese Herausforderungen in einer pluralistischen Gesellschaft vorzubereiten. Wissenschaft ist ein interdisziplinäres Gebiet und muss als solches im Studium behandelt werden.
Bei der Befragung ist eine Liste entstanden, die in 5 Kategorien unterteilt wurde:
Wissenschaft und Wirtschaft
Nature of Science/ Wissenschaftstheorie
Ethik und Moral in der Wissenschaft
Didaktische Methodiken und Kompetenzen in der Wissenschaftskommunikation
Lehramt: Bewerten, Erkennen, Erklären
Hier findet ihr die Handouts, die den Teilnehmenden zur Verfügung gestellt wurden, um in der Gruppenarbeitsphase die jeweilige Kategorie erarbeiten zu können. Die Handouts enthalten viele Hintergrundinformationen und Literatur zu den Kategorien:
Dahingehend entwickelten wir ein Workshop-Konzept mit dem Titel “FSI Biologie Workshop – Was schafft Wissen im Studium? – Bioethik als Notwendigkeit!”.
Zu Beginn der Abschlussveranstaltung wurden alle Workshops vorgestellt und der Studiendekan Daniel Schubert wies auf die Notwendigkeit dieses Themas hin. Die Workshops deckten eine große Breite ethischer Themen ab, so wurde unter anderem über Antibiotikaresistenz, Tierversuche, menschliche Überreste und Intersexualität diskutiert.
In unserem Workshop war das Ziel, mit Dozierenden über deren spezifische Module zu sprechen und herauszuarbeiten, wie bioethische Themen implementiert werden können.
Leider war es uns vorrangig möglich mit Tutor*innen und Studierenden zu arbeiten, was aber auch sehr erkenntnisreich war.
Anfangs haben wir mit einer kurzen Online-Umfrage die Vorstellungen der Teilnehmer*innen erfragt - was für Aspekte gehören für sie zur Bioethik in der Lehre?
Danach wurden die 5 verschiedenen Kategorien vorgestellt und weiter erläutert. Daran anschließend bildeten sich 5 Kleingruppen, welche mit Handouts zur Erarbeitung möglicher Ideen austatteten. Die Gruppen sollten sich überlegen, wie man ihr jeweiliges Thema in der Lehre umsetzen könnte. Die Ideen wurden auf einem Flipchart gesammelt und von der Gruppe vorgestellt.
Bei der Gruppenarbeit war ein limitierender Faktor, dass sich viele der Teilnehmer*innen im ersten Semester befanden und die Themen für sie sehr neu waren. Trotzdem konnten alle beim Diskutieren der Themen ihren Horizont erweitern.
Wichtige Erkenntnisse waren beispielsweise, dass Exkursionen ein gutes Mittel sein könnten, um die Wissenschaft wieder in der Natur erfahrbar zu machen. Alexander Lieven plädierte dafür, in der Schule mehr auf der Ebene der Organismen zu denken und den veränderten Blickwinkel für ein Neudenken des Kultur- und Naturbegriffs zu nutzen.
Die Gruppe, die sich mit Wissenschaft und Wirtschaft beschäftigte, forderte, dass sich die Wissenschaft, trotz Finanzierung aus der Industrie, nicht vom Geldgeber lenken lassen sollte. In der Gruppe, welche sich mit dem Lehramt beschäftigte, stellte sich heraus, das eine höhere Selbstwirksamkeit der Studierenden in den Lehramtsmodulen gewährleistet werden sollte, um frühzeitig eine Lehr-Lern-Erfahrung zu ermöglichen, welche essentiell ist um gut qualifizierte Lehrer*innen auszubilden. Zudem sollten sich die Module mit den jeweiligen Kompetenzbereichen und dem Lehrplan auseinandersetzen und darauf achten, diese Themen mit einzubinden. Dabei fiel immer wieder auf, dass in den Lehramtsmodulen Experimente durchgeführt werden, die so, in der Schule nicht oder nur mit hohem Aufwand umsetzbar sind. Ein möglicher Umsetzungsvorschlag war, dass die Studierenden ein Experiment didaktisch selbst aufarbeiten sollten.
Die teilnehmenden Tutor*innen, fühlten sich nach dem Workshop motiviert, die Themen vermehrt in Kursen umzusetzen und mehr ihr einen Frage-Antwort-Dialog zu treten. Eine konkrete Umsetzung ist natürlich schwierig, da die Curricula nicht so einfach verändert werden können. Trotzdem können auch wenige Impulse ausreichen, um einen großen Effekt zu haben. Die Fachwissenschaften müssen stärker mit der Didaktik verknüpft werden - auch in einem Mono-Bachelor/Masterstudiengang. Bioethische Diskussionen müssen Teil von Seminaren und Praktika werden, um alle Studierenden für ihre späteren Berufe und gesellschaftliche Verantwortung zu wappnen. Bioethik ist eine Notwendigkeit und nichts optionales.