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Was ist "genetische Herkunft" bei Menschen?

Kann deine DNA sagen, was deine “Herkunft” ist? Sogenannte “genetic ancestry tests” (GAT) suggerieren, dass eine Speichelprobe schon reicht, um bis in kleinste Prozente die Herkunft zu bestimmen. Doch wie funktioniert das eigentlich - beziehungsweise - funktioniert das überhaupt? Am Beispiel solcher kommerziellen Herkunftstests werden hier einige Konzepte bezüglich “genetischer Herkunft” erklärt und kritisch hinterfragt. 

Hinweis: In diesem Artikel geht es erstmal nur um Konzepte. Falls du dich dafür interessierst welche genauen Komponenten der DNA bezüglich Herkunft analysiert werden (Autosomen, Gonosomen, mitochondriale DNA) und wie, dann schau doch gerne ich die in diesem Artikel verlinkten Quellen, besonders im letzten Aufklapptext. 

Dieser verlinkte Artikel geht intensiver auf das Thema DNA-Analyse im Kontext menschlicher Gebeine ein. 

dna-hands

Das Problem beginnt schon mit der Definition von “genetischer Herkunft” - wonach wird da genau gesucht? Die Forschung ist sich da auch nicht ganz einig. Es kursieren verschiedene Begriffe wie “genetische Herkunft”, “genetische Abstammung”, oder das Englische “genetic ancestry”. Ihre Beschreibung beinhaltet in der Regel:

  • geografische Beschreibungen auf verschiedenen Skalen (Kontinent: „Afrika“, Land: „Nigeria“, Stadt: „Ibadan“)

  • kulturelle Bezeichnungen (“Yoruba”, “kurdisch”, “uigurisch”) 

  • ethnisch-religiöse Gruppen („jüdisch“, „drusisch“) Kategorien.

In der Populationsgenetik werden solche Gruppierungen auch als Populationen bezeichnet. Eine Population wird in der Regel definiert als eine Gemeinschaft von Organismen, die derselben Art angehören (z. B. Schimpansen) und sich innerhalb dieser Gemeinschaft vergleichsweise stärker fortpflanzen als eine andere Gemeinschaft dieser Art [1]. Das kann beispielsweise an der räumlichen Entfernung liegen (z.B. zwei Schimpansenpopulationen, die sich auf gegenüberliegenden Seiten eines großen Flusses befinden). Beim Menschen geht man davon aus, dass sich eine Population (sofern nicht die gesamte menschliche Population gemeint ist) durch geografische, kulturelle, religiöse oder sprachliche Einflüsse abgrenzt - etwa durch Berge, die zwei Dörfer voneinander trennen, oder durch Menschen, die sich aus religiösen Gründen oder einfach aufgrund einer Sprachbarriere weniger, kaum oder gar nicht miteinander fortpflanzen im Vergleich zu “ihrer eigenen” Population [1]. Für eine kritische Einordnung, siehe den Aufklapptext “Populationsgenetik & Rassismus”. 

Genetische Herkunft impliziert auch eine Abstammungslinie. Wenn mein Vater türkisch ist, dann gelte ich als Person türkischer Herkunft. Wenn nun jemand ohne bekannte türkische Familienangehörige einen Herkunftstest bei einem Unternehmen macht und ihm türkische Abstammung zugewiesen wird, bedeutet das, dass ein großes Familiengeheimnis gelüftet wurde? Nicht unbedingt. Manchmal bedeutet das, was als „genetische Abstammung“ bezeichnet wird, eigentlich „genetische Ähnlichkeit“. 

Quellen:

[1] Jobling, M. (2013) ‘Human Evolutionary Genetics, Second Edition’

Bei der genetischen Ähnlichkeit wird davon ausgegangen, dass zwei Personen, die sich in bestimmten genetischen Markern ähneln, eine ähnliche Herkunft haben können [2]. Die DNA einer Person wird auf Ähnlichkeit mit einer Referenzdatenbank anderer Personen getestet, deren DNA mit Kategorien wie „nigerianisch“, „türkisch“, “deutsch” und ähnlichem gekennzeichnet wurde. 

Ebenfalls muss erwähnt werden, dass solche Angaben zur genetischen Herkunft Resultate statistischer Modelle sind. Wer dieses Jahr als 5% finnisch gilt, kann einige Jahre später plötzlich 10% finnisch “sein”. Wie kommts? Neben unterschiedlichen Modellierungsmethoden hängen die Berechnungen auch davon ab, wie viele DNA-Sequenzen zum Vergleich verfügbar sind. Wenn nach einigen Jahren noch mehr DNA-Sequenzen mit dem Label “finnisch” hinzugefügt wurden, so können sich retrospektiv die Berechnungen der eigenen Herkunft verändern. Was die Diversität von Datenbanken angeht wurde bereits kritisiert, dass Forschungsdatenbanken sehr eurozentrisch und somit nicht global-repräsentativ sind [3]. Gleichzeitig gibt es ein großes Interesse an DNA-Sequenzen von nicht-europäischen Personen, wobei dies ebenfalls kritisch im Lichte von ausbeutenden und exotisierenden Forschungsstrukturen und Unrecht betrachtet werden muss [4]. 

Quellen:

[2] Grahaim Coop, Genetic similarity versus genetic ancestry groups as sample descriptors in human genetics, 2022, arXiv:2207.11595 

[3] Popejoy, A. B., & Fullerton, S. M. (2016). Genomics is failing on diversity. Nature, 538(7624), 161–164. https://doi.org/10.1038/538161a

[4] Reardon, S. Navajo Nation reconsiders ban on genetic research. Nature 550, 165–166 (2017). https://doi.org/10.1038/nature.2017.22780

Um eine Referenzdatenbank aufzustellen, muss klar sein, wer dafür ausgewählt wird. Das beinhaltet wie gesagt eine Vorentscheidung welche Populationen in die Datenbank aufgenommen werden sollen, und wessen DNA für diese Populationen als repräsentativ gilt. Zum Beispiel: wenn eine Datenbank die DNA von 100 “serbischen” Personen sammeln möchte, wer kommt dafür in Frage? Wer ist „serbisch genug“, um diese Kategorie zu repräsentieren? Eine Publikation schaute sich die “genetische Geschichte des Balkans” an [5]. Darin wurde zum Beispiel die “serbische” Herkunft folgendermaßen definiert:

  1. Person beschreibt sich selbst als serbisch und lebt im Territorium des ehemaligen Jugoslawiens wo sie (als Person oder Familie) auch historisch lebte

  2. Person spricht serbo-kroatisch 

  3. Person gehört zu Familien welche heutzutage oder ehemals christlich-orthodoxen Glaubens sind/waren

  4. Person kennt den Schutzpatron der eigenen Familie, was ein kulturelle Praxis der serbischen identität ist

Hier wird deutlich, dass die Forschenden (potentiell auch in Zusammenarbeit mit den Menschen die sich an der Studie Beteiligen selbst) eine Definition aufgestellt haben. Es ist theoretisch möglich, dass eine andere Studie die “serbische Herkunft” anders definiert hätte, somit andere Menschen für die Studie ausgesucht hätte, und somit sogar auch andere Ergebnisse gekommen wäre. 

Eine Menschengruppe welche häufig nicht als repräsentativ für eine bestimmte Kategorie gilt sind Menschen die laut Forschung als admixed gelten [6]. Die Personen haben unterschiedliche “Herkunftsanteile” - zum Beispiel eine serbische Mutter und einen chinesischen Vater. Als gäbe es zwei fixe “Legosteine” aus welchen diese Person besteht. Warum ausgerechnet serbisch und chinesisch dann die unveränderlichen “reinen” Legosteine darstellen ist, wie oben besprochen, eine Entscheidungssache welche Kategorien als informativ angesehen werden. Doch die Idee einer “reinen” Herkunftskategorie ist eine zu vereinfachte Darstellung, besonders da ja eben durch genetische Studien auch ermittelt werden kann, aus welchen historischen Populationen sich heutzutage relevante Populationen ergeben haben [7]. Das ist auch eine Art von admixture von vorher angeblich “isolierten” Populationen, nur halt weiter in der Vergangenheit. Dennoch ist nicht die Frage geklärt, ob es überhaupt rechtens ist, menschliche genetische Vielfalt in Kategorien einzuteilen. 

Quellen:

[5] Iñigo Olalde, Pablo Carrión, Ilija Mikić, Nadin Rohland, Swapan Mallick, Iosif Lazaridis, Matthew Mah, Miomir Korać, Snežana Golubović, Sofija Petković, Nataša Miladinović-Radmilović, Dragana Vulović, Timka Alihodžić, Abigail Ash, Miriam Baeta, Juraj Bartík, Željka Bedić, Maja Bilić, Clive Bonsall, Maja Bunčić, Domagoj Bužanić, Mario Carić, Lea Čataj, Mirna Cvetko, Ivan Drnić, Anita Dugonjić, Ana Đukić, Ksenija Đukić, Zdeněk Farkaš, Pavol Jelínek, Marija Jovanovic, Iva Kaić, Hrvoje Kalafatić, Marijana Krmpotić, Siniša Krznar, Tino Leleković, Marian M. de Pancorbo, Vinka Matijević, Branka Milošević Zakić, Anna J. Osterholtz, Julianne M. Paige, Dinko Tresić Pavičić, Zrinka Premužić, Petra Rajić Šikanjić, Anita Rapan Papeša, Lujana Paraman, Mirjana Sanader, Ivana Radovanović, Mirjana Roksandic, Alena Šefčáková, Sofia Stefanović, Maria Teschler-Nicola, Domagoj Tončinić, Brina Zagorc, Kim Callan, Francesca Candilio, Olivia Cheronet, Daniel Fernandes, Aisling Kearns, Ann Marie Lawson, Kirsten Mandl, Anna Wagner, Fatma Zalzala, Anna Zettl, Željko Tomanović, Dušan Keckarević, Mario Novak, Kyle Harper, Michael McCormick, Ron Pinhasi, Miodrag Grbić, Carles Lalueza-Fox, David Reich,

A genetic history of the Balkans from Roman frontier to Slavic migrations, Cell, Volume 186, Issue 25, 2023, Pages 5472-5485.e9, ISSN 0092-8674, https://doi.org/10.1016/j.cell.2023.10.018.

[6] Korunes, K. L., & Goldberg, A. (2021). Human genetic admixture. PLoS genetics, 17(3), e1009374. https://doi.org/10.1371/journal.pgen.1009374

[7] Patterson, N., Moorjani, P., Luo, Y., Mallick, S., Rohland, N., Zhan, Y., Genschoreck, T., Webster, T., & Reich, D. (2012). Ancient admixture in human history. Genetics, 192(3), 1065–1093. https://doi.org/10.1534/genetics.112.145037

Die Anfänge des wissenschaftlichen Rassismus stützten sich besonders auf äußere Merkmale (Hautfarbe, Augenfarbe, Haartextur, etc.) und auch kulturelle Unterschiede, welche frühen Anthropolog*innen der westlichen Welt als relevant für eine Kategorisierung und Hierarchisierung des Menschen vorkamen. Diese Einteilungen sind nicht zu trennen von bereits existierenden diskriminierenden Vorurteilen, welche die damalige Gesellschaft und Politik prägten. Für mehr Informationen zum wissenschaftlichen Rassismus gibt es hier einen Artikel

Heutzutage wird oft die Genetik herangezogen, um wissenschaftlichem Rassismus zu widersprechen. Menschen sind größtenteils genetisch identisch, und nur ein sehr kleiner Anteil ist variabel [8]. Zudem ist die genetische Vielfalt des Menschen deutlich geringer als die manch anderer Spezies wie z.B. dem eurasischen Grauwolf (vgl. Abbildung 1) [9]. Warum sollten dann ausgerechnet beim Menschen Subspezies definiert werden?

Abbildung 1: Dieses Diagramm zeigt vergleichend die Fst-Werte verschiedener Spezies. Der Fst-Wert ist vereinfacht gesagt ein Maß für die genetische Variabilität innerhalb einer Gruppe. Für nähere Informationen, schau gern die Originalpublikation an [9]. 


Dennoch wird manchmal argumentiert, dass es ja trotzdem genetische Unterschiede zwischen Menschen gibt, welche mit Herkunftszuschreibungen zu tun haben. Zum Beispiel postuliert continental ancestry dass die Einteilung menschlicher genetischer Vielfalt nach Kontinenten aussagekräftig und nennenswert ist für die Forschung [10]. Tatsächlich ist die menschliche genetische Vielfalt auch teils geografisch strukturiert, was mit der Migrationsgeschichte des Menschen zusammenhängt, wonach der moderne Konsens ist, dass die Menschheit in Afrika entstand und von dort aus den Rest der Welt bevölkerte [11]. Wenn also stichprobenartig Menschen der verschiedenen Kontinente untersucht werden (vgl. bunte Punkte in der Abbildung 2), so könnte es auch statistisch nennenswerte Unterschiede zu sehen geben. Aber sobald die gesamte menschliche Vielfalt aufgezeigt wird (vgl. graue Punkte in der Abbildung 2), zeigt sich ein Gradient. Ganz banal möchte hier auch genannt sein, dass die Einteilung nach Kontinenten auch nicht umstritten ist. Was gehört zu Europa dazu? Wo genau fängt der “Mittlere bzw. Nahe Osten” an, und gehört dieser nicht sowohl zu Asien als auch zu Afrika, je nach Land? 

Abbildung 2: Dieser sogenannte “PCA plot” ist eine visuelle Methode, um die Variabilität von Daten darzustellen. Ganz vereinfacht gesagt sind die Punkte die entlang der PC1-Achse am weitesten voneinander entfernt sind auch “Datentechnisch” am unterschiedlichsten. Dies gilt auch für die PC2-Achse. Für eine genauere Erklärung, schau gerne in die Orgiginalpublikation [10]. Die bunten Punkte heben Cluster hervor, welche nach der Definition von continental ancestry gezeigt werden würden. Demnach würde man entlang der PC1-Achse deuten wollen, dass das Cluster “Africa” besonders anders ist im Vergleich zum Cluster “Europe”, und das Cluster “Middle East” irgendwo dazwischen liegt. Geografisch gesehen scheint es plausibel. Die Grafik zeigt aber auch in den grauen Punkten ein diverses Datenset, wo der Gradient der menschlichen genetischen Vielfalt gut deutlich wird. Wenn also die gesamte menschliche Vielfalt betrachtet wird, so bestehen keine kategorischen Unterschiede zwischen den Clustern sondern Gradienten.


Deswegen wird oft die Gefahr betont, dass problematische “Rassekonzepte” durch das Hintertürchen wieder in die Forschung und in das gesellschaftliche Wissenschaftsverständnis eingebracht werden könnten [10]. Die Populationsgenetik definiert Populationen vorab, um diese zu untersuchen und vergleichen - dies oft eben sehr stichprobenartig mit gewissen Vorannahmen, welche Menschen “Populationen” darstellen. Besonders verschärft sieht man das bei dem Konzept von genetischen Isolaten, wo angenommen wird, dass diese Menschengruppen besonders abgesondert von ihrem Umfeld lebten, sich mutmaßlich vor allem “untereinander” miteinander fortpflanzten, und somit heutzutage genetisch besonders distinkt sind [12]. Das wird häufig Romn*ja und Sinti*zze [13] und jüdischen Menschen zugeschrieben [12], wobei die Erfindung des Konzepts “genetisches Isolat” ebenso mit dem Werdegang des wissenschaftlichen Rassismus zusammenhängt und kritisch betrachtet werden muss [12]. 

Auch continental ancestry wird häufig mit heutzutage genutzten Konzepten von “race” (z.B. in den USA) verwoben oder gleichgesetzt, was somit das soziale Konstrukt von “race” biologisch zu unterstützen scheint [10;11]. Deshalb braucht es, wie vorher im Text beschrieben, eine nuancierte Betrachtung von continental ancestry um eben solche Missverständnisse und absichtliche Verdrehungen genetischer Erkenntnisse zu verhindern. Interessanterweise kann aber “race” durchaus relevant sein für Studien, wenn auch anders als gedacht: Stell dir vor, es wird das Vorkommen von Krebserkrankungen in den USA untersucht. Es fällt auf, dass Menschen, die sich im Rahmen der Studie selbst als “black” bezeichnet bzw. “self-reported” haben, häufiger an Krebs erkranken. Liegt das nur an der genetischen Herkunft, die mutmaßlich der “race”-Zuschreibung unterliegt? Oder liegt es daran, dass Menschen mit dieser “race”-Zuschreibung systematisch diskriminiert wurden und werden, und somit eventuell häufiger neben Industriegebieten mit krebserregender Schadstoffbelastung leben, was sich wiederum? Genau das fand eine Studie heraus [14]. 


Zusammengefasst: Die menschliche genetische Vielfalt stellt einen Gradienten dar. Dieser kann geografisch strukturiert sein, was mit der Migrationsgeschichte der Menschheit zusammenhängt. Jedoch gibt es keine diskreten Ketegorien welche "Rassekonzepten" entsprechen, und auch jegliche andere Form von konkreten Kategorisierungen von “Populationen” müssten kritisch reflektiert und nicht zu vereinfacht dargestellt werden. Es gibt auch keine “reinen” Populationen, sondern jede zur Diskussion stehende Herkunftskategorie hat ihre eigene Entstehungsgeschichte welche viele hunderte und tausende Jahre zurückgeht, zwischendurch mit einer heute relevanten Herkunftskategorie verschmilzt, historische Menschengruppen beinhaltet werde heutzutage in dieser Form nicht mehr existieren, und irgendwann wieder zum Ursprung der ersten Homo sapiens in Afrika führt. 


Quellen:

[8] Jenaer Erklärung, https://www.uni-jena.de/22120/jenaer-erklaerung 

[9] Templeton AR. Human races: A genetic and evolutionary perspective. Am Anthropol. 1999;100:632–650.

[10] Anna C. F. Lewis et al. ,Getting genetic ancestry right for science and society.Science376,250-252(2022).DOI:10.1126/science.abm7530

[11] Hunter P. (2014). The genetics of human migrations: Our ancestors migration out of Africa has left traces in our genomes that explain how they adapted to new environments. EMBO reports, 15(10), 1019–1022. https://doi.org/10.15252/embr.201439469

[12] Lipphardt, V. (2012). Isolates and Crosses in Human Population Genetics; or, A Contextualization of German Race Science. Current Anthropology, 53(S5), S69–S82. https://doi.org/10.1086/662574

[13] Lipphardt, V. (2021). Rom*nja als Proband*innen in genetischen Studien. Expertise für die Unabhängige Kommission Antiziganismus. https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/fileadmin/Redaktion/PDF/UKA/Expertise_Rom_nja_als_Proband_innen_in_genetischen_Studien.pdf

[14] Brown, L.M., Hagenson, R.A., Koklič, T. et al. An elevated rate of whole-genome duplications in cancers from Black patients. Nat Commun 15, 8218 (2024). https://doi.org/10.1038/s41467-024-52554-5


Genetische Herkunftstests können große Auswirkungen auf die eigene Identität aber auch die wahrgenommene Identität von anderen Menschen haben. Hier einige Publikationen, welche euch Beispiele dieser neuen Phänomene in der Gesellschaft zeigen:

1) Genetische Herkunftstestung wird von einigen Personen verwendet, um Informationen über ihre Vorfahren zu gewinnen, welche im Kontext des transatlantischen Sklavenhandels in die USA verschleppt wurden. Dies kann eine Form Wiederherstellung einer Familiennarrative und Traumabewältigung darstellen beschreibt diese Publikation:

> David L. T. (2024). Supporting the use of genetic genealogy in restoring family narratives following the transatlantic slave trade. American anthropologist, 126(1), 153–157. https://doi.org/10.1111/aman.13939

2) Sogenannte “white supremacists” versuchen über genetische Herkunftstest ihre Identität zu bestätigen. Jedoch kommt es auch dazu, dass ihre Ergebnisse nicht ausschließlich Herkunftsanteile anzeigen, welche white supremacists als “white” verstehen würden. Diese Studie untersucht Aussagen in einem Forum von white supremacists, wie sie versuchen einander zu affirmieren oder aber auch auszuschließen auf Basis ihrer Testergebnisse:

> Panofsky A, Donovan J. Genetic ancestry testing among white nationalists: From identity repair to citizen science. Soc Stud Sci. 2019;49(5):653-681. doi:10.1177/0306312719861434

3) Identität und Selbstverständnis ist für manche etwas, worüber Genetik nicht aussagen oder bestimmen kann. In dieser Studie werden verschiedene Menschen aus Native American communities befragt zu ihrer Haltung: 

> Blanchard JW, Outram S, Tallbull G, Royal CDM. "We Don't Need a Swab in Our Mouth to Prove Who We Are": Identity, Resistance, and Adaptation of Genetic Ancestry Testing among Native American Communities. Curr Anthropol. 2019;60(5):637-655. doi:10.1086/705483