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Forschung

Was speichert unser Gehirn und warum? Unsere Forschungsgruppe widmet sich dieser elementaren Frage: welche neuronalen Prozesse entscheiden, welche Informationen als Langzeitgedächtnis gespeichert werden und welche nicht. In jedem Moment unseres Lebens sind wir neuen Reizen ausgesetzt und sammeln neue Erfahrungen. Nur ein Bruchteil dieser Erlebnisse wird als Langzeitgedächtnis verankert - und das aus gutem Grund. Eine unkontrollierte Speicherung würde nicht nur zu kognitiven, sondern auch zu mentalen Problemen führen. Daher untersuchen wir, welche Mechanismen das Gehirn einsetzt, um relevante Informationen auszuwählen und nur diese für die Speicherung freizugeben. Dabei fokussieren wir grundlegend auf zwei Prozesse: Erstens die Gedächtnis-Suppression, die standardmäßig die Konsolidierung inhibiert, und zweitens die Gedächtnis-Bahnung, die die Konsolidierung beispielsweise ab einem bestimmten Erregungsschwellenwert initiiert. Besonders interessiert uns die Frage, ob positive und negative Gedächtnisinhalte ähnliche Mechanismen nutzen und wie der externe oder physiologische Kontext (Ernährung, Reproduktion, Schlaf, Stress) die Bewertung und Speicherung von Informationen beeinflusst. Unsere Forschung verknüpft dabei Fragen zu den beteiligten neuronalen Netzwerken (Circuits), Transmittersystemen (Serotonin, Dopamin) sowie zur Physiologie synaptischer Plastizität und neuronaler Signalkaskaden.

Diese Fragen untersuchen wir anhand des Modellorganismus Drosophila melanogaster. Im Labor nutzen wir die ausgeprägten olfaktorischen Fähigkeiten dieser kleinen Insekten und trainieren positive und negative Duftgedächtnisse mittels klassischer Konditionierung. Grundlegende neuronale Prozesse wie Transmittersysteme (Serotonin, Dopamin) und neuronale Signalkaskaden (cAMP, PKA, CREB) sind im Gehirn von Drosophila hoch konserviert. Dank präziser genetischer Manipulationswerkzeuge im Gehirn können wir detaillierte Fragen zum Zusammenhang von Verhalten und Physiologie der Gedächtniskonsolidierung stellen.

Methoden: Verhaltensassays/klassische Konditionierung: Im Labor setzen wir klassische Verhaltensassays wie den T-Maze ein, aber auch automatisierte Apparaturen inklusive optogenetischer Stimulation (Hochdurchsatztraining im „Barrel“) sowie individuelle Verhaltensassays mit Videotracking (in Arbeit).

Verschiedene Verhaltensparadigmen: Um Gedächtnisbildung in verschiedenen Verhaltenskontexten zu verstehen, nutzen wir verschiedene Verhaltensassays zur Untersuchung von Nahrungsaufnahme, Schlaf und Reproduktion (zum Beispiel Fly-Pad, Opto-Pad, Trikinetics).

2-Photonen-Mikroskopie „in vivo“: Durch 2-Photonen-Mikroskopie können wir Signale sogar tief im lebenden Gehirn von Drosophila detektieren. Mittels gut etablierter „in vivo“-Präparationen und synchronisierter Verhaltensparadigmen ist es möglich, der Fliege beim Lernen ins Gehirn zu schauen und physiologische Prozesse unter verschiedenen Bedingungen zu verfolgen. Hauptsächlich nutzen wir Calcium-Imaging (GCamP), aber auch die Aktivität von sekundären Botenstoffen (FRET-Sonden für cAMP/PKA).

Immunohistologie: Veränderungen im Gehirn durch lerninduzierte Plastizität können zu stabilen Veränderungen in der Zusammensetzung präsynaptischer und postsynaptischer Proteine (Transmitter, Rezeptoren) sowie in Signalkaskaden führen. Durch spezifische Färbung dieser synaptischen Komponenten können wir Rückschlüsse auf zelluläre und subzelluläre Plastizitätsanpassungen in spezifischen Kontexten ziehen.

Gezielte neurogenetische, thermogenetische und optogenetische Manipulation von Neuronenpopulationen oder individuellen Neuronen mittels eines binären genetischen Targetingsystems im Gehirn von Drosophila melanogaster.